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Gesetz zur Umsetzung der Arbeitsbedingungenrichtlinie: Was muss ich als Arbeitgeber*in jetzt beachten?

Am 8. Juli 2022 billigte der Bundesrat das vom Bundestag am 23. Juni 2022 beschlossene Gesetz zur Umsetzung der Arbeitsbedingungsrichtlinie der EU.
  • 1.
    Umsetzung einer EU-Richtlinie
  • 2.
    Um welche Gesetzesänderungen handelt es sich?
  • 3.
    Wann droht Bußgeld?
  • 4.
    Fazit: Was müssen Arbeitgeber*innen jetzt tun?
Das Gesetz regelt im Wesentlichen die Schriftform unterschiedlicher arbeitsrechtlicher Bereiche und soll am 1. August 2022 in Kraft treten. Aber worum genau geht es in der Richtlinie? Und welche Maßnahmen zur Erreichung des Ziels werden vorgesehen? Wir dröseln heute für euch auf, welchen Kontext die Erarbeitung dieses Gesetzes hat und welche konkreten Änderungen die Umsetzung im Arbeitskontext mit sich bringt. Damit es nicht zu einem Bußgeld kommt, fassen wir zusammen, welche Fristen zu beachten sind und geben einen kleinen Überblick über die relevanten Regelungsbereiche.

Umsetzung einer EU-Richtlinie

Am 31. Juli 2019 ist die EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union in Kraft getreten. Sie verfolgt das Ziel, die Arbeitskonditionen zu verbessern, indem eine transparente und vorhersehbare Beschäftigung gefördert wird, und um die Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarkts zu gewährleisten.
Mit dieser Gesetzesänderung treffen Arbeitgeber*innen einige neue Pflichten; vor allem das Nachweisgesetz (NachweisG) ist hiervon betroffen. Die Regelungsbereiche der Richtlinie weiten sich zudem unter anderem auf das Teilzeit- und Befristungsgesetz, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, die Gewerbeordnung und das Berufsausbildungsgesetz aus.

GUT ZU WISSEN

Bei Richtlinienbeschluss durch die EU obliegt es den einzelnen Mitgliedsstaaten in Eigenverantwortung, diese in ihr innerstaatliches Recht zu überführen. Hierbei gibt es einen gewissen Spielraum, allerdings müssen sie innerhalb der Frist umgesetzt werden und spätestens mit Fristablauf Teil der nationalen Rechtsordnung werden.

Pünktlich zum Fristablauf wird die Richtlinie zum 1. August 2022 in nationales Recht umgesetzt. Neben den Änderungen zu den Nachweispflichten gibt es auch signifikante Änderungen im Rahmen der Vertragspflichten, des Teilzeit- und Befristungsgesetzes und der Arbeitnehmerüberlassung.

Um welche Gesetzesänderungen handelt es sich?

Insbesondere die Änderungen im Nachweisgesetz sind hier hervorzuheben. Damit klar ist, was genau geändert wird, schauen wir uns erstmal den aktuellen Status quo des Gesetzes an: das Nachweisgesetz läuft unter einer Ausnahmeregelung zum eigentlichen Grundsatz der Formfreiheit von Verträgen; es verpflichtet Arbeitgebende, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich festzuhalten, zu unterzeichnen und den Arbeitnehmenden innerhalb des ersten Monats des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen. Wesentlich sind im Sinne des Nachweisgesetzes unter anderem die Vertragspartner, der Vertragsbeginn sowie die Tätigkeitsbeschreibung.
Die Arbeitsbedingungsrichtlinie legt den Arbeitgebenden erweiterte Bedingungen auf, die zusätzlich zu den oben genannten ab dem 1. August auch der Nachweispflicht und somit der schriftlichen Niederschrift unterliegen. Zudem wird eine Unterlassung zukünftig als Ordnungswidrigkeit geahndet, die schlimmstenfalls eine Geldbuße von bis zu 2.000 Euro bedeutet.

Konkrete Änderungen im Nachweisgesetz

Der persönliche Geltungsbereich des Nachweisgesetzes wird vergrößert: die Regelungen gelten nun für alle Arbeitnehmenden. Bisher waren vorübergehend beschäftigte Aushilfen von höchstens einem Monat vom Geltungsbereich ausgeschlossen – diese wurden von der Richtlinie allerdings inkludiert und sind ab dem 1. August 2022 auch in Deutschland vom Geltungsbereich des Nachweisgesetzes erfasst.
Die bereits erwähnte Ausweitung des Schriftformerfordernisses bei Erfassung der Vertragsbedingungen ist eine weitere, für Arbeitgebende essenzielle Änderung. Hier verschärft der deutsche Gesetzgeber sogar die Schriftformerfordernis, indem er die von der EU erlaubte elektronische Form ausschließt – Papierform mit originaler Unterschrift ist notwendig. Konkret bedeutet das für den beruflichen Alltag: Falls Verträge elektronisch abgeschlossen werden, müssen sie zusätzlich in Schriftform verfasst, im Original unterschrieben und dem Arbeitnehmenden wieder ausgehändigt werden. Der Arbeitsaufwand, der dadurch entstehen würde, wäre allerdings immens – aus diesem Grund reicht es aus, wenn Arbeitgebende ihrer Unterrichtungspflicht einseitig nachkommen und den Arbeitnehmenden im Original unterzeichnete Verträge zukommen lassen, die alle wesentlichen, nachweispflichtigen Angaben enthalten. Auf die Originalunterschrift der Arbeitnehmenden wird verzichtet.
Zusätzlich ändern sich die Fristen für die schriftliche Informationspflicht zu den Arbeitsvertragsbedingungen. Diese unterscheiden sich allerdings je nach Arbeitsvertrag:
  • Bei bereits bestehenden Verträgen trifft die Arbeitgebenden lediglich eine Unterrichtspflicht, wenn Arbeitnehmende explizit nach einer dem Nachweisgesetz entsprechenden Niederschrift über die wesentlichen Vertragsbedingungen fragen. Diese Ausfertigung muss dann innerhalb von sieben Tagen erfolgen.
  • Bei neuen Vertragsabschlüssen ab dem 1. August 2022 müssen Arbeitnehmer*innen spätestens ab dem ersten Tag der Arbeitsleistung über die wesentlichen Vertragsbedingungen unterrichtet werden.
  • Im Falle von Änderungen der wesentlichen Vertragsbedingungen müssen Arbeitgebende ihre Angestellten spätestens an dem Tag darüber unterrichten, an dem die Wirksamkeit der Änderungen eintritt. Davon abgesehen werden kann in Fällen von gesetzlichen Änderungen, tarifvertraglichen Änderungen oder Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen.
Des Weiteren findet eine Erweiterung der wesentlichen nachzuweisenden Vertragsbedingungen statt. Hier sind die umfassendsten Anpassungen durchgeführt worden.
  • Bei befristeten Arbeitsverträgen
    wird die Angabe des Enddatums oder der vorhersehbaren Dauer des Arbeitsverhältnisses erforderlich werden.
  • Die Angaben zum Arbeitsort bei mobiler Arbeit
    müssen (soweit mit den Arbeitnehmenden vereinbart) im Vertrag enthalten sein; hier reicht ein Hinweis darüber, dass der Arbeitsort frei zu wählen ist.
  • Das Arbeitsentgelt muss getrennt nach seinen Bestandteilen aufgedröselt werden. Die Unterscheidung in Grundgehalt, Vergütung von Überstunden, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen muss mit Angabe von Fälligkeit und Art der Auszahlung angegeben werden.
  • Über Ruhepausen, Schichtsysteme und Überstunden wird künftig neben der vereinbarten Arbeitszeit zu unterrichten sein. Falls das Schichtsystem bereits in einer Betriebsvereinbarung niedergeschrieben ist, kann darauf verwiesen werden.
  • Zusätzlich zu den bereits bestehenden Regelungen zur Abrufsarbeit in § 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz muss ab August konkret benannt werden, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten die Arbeit auf Abruf von Arbeitgeber*innen verlangt werden darf. Es wird dann ein konkreter Referenzrahmen bestimmt, der auch die Mindestankündigungsfrist regelt.
  • Über Ansprüche auf Fortbildungen müssen Arbeitnehmende künftig unterrichtet werden.
  • Bei externer betrieblicher Altersvorsorge müssen Arbeitgebende ihre Angestellten über den Namen und die Anschrift der externen Versorgungsträger unterrichten.
  • Bei Ausspruch einer Kündigung werden in Zukunft mehr Unterrichtspflichten von Arbeitgebenden verlangt; bisher mussten nur die Kündigungsfristen mitgeteilt werden – zukünftig müssen Arbeitnehmende über „das bei der Kündigung einzuhaltende Verfahren, mindestens aber das Erfordernis der Schriftform der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage“ im Sinne des § 4 Kündigungsschutzgesetz unterrichtet werden.
  • Auslandstätigkeiten müssen detailliert schriftlich festgehalten werden und es müssen Angaben zur Dauer, dem jeweiligen Land und in dem Zusammenhang vereinbarte Erstattungsleistungen gemacht werden.

Weitere relevante Gesetzesänderungen

Die Änderungen im Nachweisgesetz sind zwar die umfangreichsten, die die Umsetzung der Arbeitsbedingungsrichtlinie mit sich bringt, aber auch andere Gesetze sind durch die materiellrechtlichen Vorgaben zur Anpassung der Arbeitsbedingungen betroffen.
Das Teilzeit- und Befristungsgesetz ist ebenfalls von den Gesetzesänderungen betroffen. Relevant ist hier die Tatsache, dass die Dauer der Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen angepasst wird – diese muss im Verhältnis zur Dauer des Arbeitsverhältnisses und der Art der Tätigkeit stehen. Konkret bedeutet dies, dass künftig eine Prüfung der Angemessenheit der Probezeit vorgesehen wird, die besonders bei befristeten Arbeitsverhältnissen von weniger als 12 Monaten eine Rolle spielen wird. Falls eine solche Prüfung ergibt, dass die Probezeit unverhältnismäßig ist, bedeutet das, dass die verkürzte Kündigungsfrist keine Anwendung findet.
Zusätzlich werden die Informationspflichten sowohl bei befristeten wie unbefristeten Arbeitsverhältnissen dahingehend angepasst, dass Arbeitgebende innerhalb einer bestimmten Frist darauf reagieren müssen, falls Arbeitnehmende den Wunsch nach Vertragsänderung äußern. Die Arbeitnehmenden haben Anspruch auf eine begründete Antwort innerhalb eines Monats nach Zugang der Äußerung.
Weitere Gesetzesänderungen wurden im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz durchgeführt. Auch hier handelt es sich um angepasste Informationspflichten der Arbeitgebenden: vor jeder Überlassung muss auf Verleiherseite den Leiharbeitnehmenden die Anschrift und Firma der Entleiher mitgeteilt werden. Außerdem soll den Leiharbeitnehmenden die Übernahme in die Stammbelegschaft des Entleihers erleichtert werden, sodass bei ausgedrücktem Interesse auf Arbeitnehmerseite auch hier der Anspruch auf eine Antwort innerhalb eines Monats besteht.

Wann droht Bußgeld?

Die Einordnung eines Nichtnachkommens der Arbeitgeberpflichten führt nur im Rahmen des Nachweisgesetzes zu einer Ordnungswidrigkeit, die mit Bußgeld geahndet werden kann. Bei Verstößen gegen die Vorschriften gibt es für Behörden nun die Möglichkeit, ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro zu verhängen. Zuständig sind nach §§ 36, 37 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten die obersten Landesbehörden. Ein Verstoß ist dann gegeben, wenn eine Vertragsbedingung gar nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Art und Weise oder nicht rechtzeitig von den Arbeitgebenden ausgehändigt wird.

Fazit: Was müssen Arbeitgeber*innen jetzt tun?

Zunächst die Entwarnung: Für bereits bestehende Arbeitsverhältnisse muss kein neuer Vertrag aufgesetzt werden. Besteht eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer allerdings auf die Neuregelung, müssen Arbeitgeber*innen die Niederschrift der wesentlichen Vertragsbedingungen innerhalb der genannten Frist aushändigen. Wie immer gilt bei Aushändigung solcher Dokumente: Lasst euch den Empfang schriftlich durch die Arbeitnehmenden bestätigen.
Die elektronische Form ist nach § 2 Absatz 1 Satz 3 Nachweisgesetz weiterhin ausdrücklich ausgeschlossen. Für Arbeitgebende heißt das also in Zukunft, dass alle nachweispflichtigen Angaben aus dem Katalog, der in § 2 des Nachweisgesetzes normiert ist, in den Arbeitsverträgen aufgenommen werden müssen. In der alten Fassung sind es noch 10 wesentliche Vertragspunkte, werden aber in der neuen Fassung 15 Punkte sein. Zukünftig müssen demnach alle Arbeitsverträge nach den Rahmenbedingungen des Nachweisgesetzes detailliert und umfangreich angefertigt werden.
Wichtig ist, dass Arbeitgeber*innen ihre Musterarbeitsverträge jetzt unbedingt überarbeiten und den Katalog des Nachweisgesetzes dort einpflegen. Falls es noch Mitarbeitende gibt, die ohne schriftlich fixierten Arbeitsvertrag im Unternehmen angestellt sind, sollte eine Verschriftlichung der Arbeitsbedingungen jetzt dringend nachgeholt werden.
Hinweis: Hierbei handelt es sich um unverbindliche Informationen. Die Autor*innen übernehmen keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen, welche auch keine individuelle Rechtsberatung darstellen.
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