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Arbeitszeugnis Gastronomie: Leitfaden für Arbeitgebende
Rechtliche Grundlagen, Bewertungsskalen und Besonderheiten in der Gastronomie
- 1.Kurz und knapp
- 2.Gesetzliche Vorgaben zum Arbeitszeugnis
- 3.Wie sieht ein Arbeitszeugnis aus?
- 4.Arbeitszeugnis in der Gastronomie: So sollte es aufgebaut sein
- 5.Arbeitszeugnis Gastronomie: Das gehört nicht rein
- 6.Bewertungsskala und Geheimcodes
- 7.Besonderheiten in der Hotellerie und Gastronomie
- 8.Kritik am Arbeitszeugnis
- 9.Fazit
Kurz und knapp
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitnehmer*in und Arbeitgeber*in haben HR-Verantwortliche und Arbeitgebende noch eine letzte Aufgabe zu erledigen: das Arbeitszeugnis.
Es gibt im professionellen Umfeld Aufschluss darüber, wie lange Arbeitnehmende in einem Betrieb beschäftigt waren, welchen Tätigkeiten sie genau nachgingen, welche Kenntnisse sie dabei erworben haben und welches Verhalten sie dabei an den Tag legten.
Somit ist das Arbeitszeugnis einer der wichtigsten Eignungsnachweise von Bewerber*innen und stellt eine maßgebliche Basis für die Einladung zum Bewerbungsgespräch dar.
Doch welche Arten von Arbeitszeugnissen gibt es? Sind Arbeitgebende verpflichtet, ein Arbeitszeugnis auszustellen? Und darf man als Arbeitgeber*in ehrlich und ohne Beschönigungen seine Meinung kundtun?
Diese Fragen beantworten wir ausführlich und erklären, was es mit den gefürchteten Geheimcodes rund um die Formulierungen auf sich hat.
Gesetzliche Vorgaben zum Arbeitszeugnis
Es gibt gesetzliche Regelungen, an die sich Arbeitgebende bei der Ausstellung eines Arbeitszeugnisses halten müssen. Laut § 109 der Gewerbeordnung steht es Arbeitnehmenden zu, ein Arbeitszeugnis einzufordern, wobei es egal ist, ob das Beschäftigungsverhältnis ein- oder beidseitig beendet wurde.
Falls man als Arbeitnehmer*in ein Zeugnis erhalten möchte, sollte man mit der Veranlassung nicht allzu lange warten. Zwar verjährt der Anspruch auf ein Zeugnis erst nach 3 Jahren, jedoch gibt es auf menschlicher Ebene natürlich keine Garantie dafür, dass sich ehemalige Arbeitgebende noch an prägnante Leistungen erinnern. Ein Arbeitszeugnis sollte also bestenfalls direkt in Auftrag gegeben werden.
Arbeitgebende sind im Übrigen nicht dazu verpflichtet, das Erstellen eines Arbeitszeugnisses aus eigenem Antrieb in die Wege zu leiten. Aus einem BGH-Urteil aus dem Jahre 1963 geht allerdings hervor, dass Arbeitgebende aufgrund ihrer „auch über das Ende des Dienstverhältnisses hinausweisenden sozialen Mitverantwortung“ verpflichtet seien, das Zeugnis sowohl wahr als auch wohlwollend zu formulieren.
In der Gewerbeordnung steht, dass keine Merkmale enthalten sein dürfen, die den Zweck haben, eine andere als dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den*die Arbeitnehmer*in zu treffen. Offene Kritik an Arbeitnehmenden ist an der Stelle also nicht erlaubt.
Folglich haben sich im Laufe der Zeit bestimmte Formulierungen im Arbeitszeugnis etabliert, die zwar freundlich verpackt sind, sich aber mithilfe von Bewertungsskalen in ihre wahre Bedeutung übersetzen lassen. Das Arbeitszeugnis muss in jedem Fall wahr sein und alle wesentlichen Tatsachen beinhalten, die für zukünftige Arbeitgebende in der Gesamtbeurteilung von Bedeutung sein könnten.
Wie sieht ein Arbeitszeugnis aus?
Beim Arbeitszeugnis unterscheidet man zwischen 2 Arten: dem einfachen Arbeitszeugnis und dem qualifizierten Arbeitszeugnis.
Kurz zusammen gefasst lässt sich der Unterschied der beiden Zeugnisarten so beschreiben, dass das einfache Arbeitszeugnis wertfrei formuliert wird, während das qualifizierte Arbeitszeugnis wertende Elemente beinhaltet.
Arbeitnehmende haben immer selbst die Wahl zwischen einem einfachen oder einem qualifizierten Arbeitszeugnis.
Einfaches Arbeitszeugnis
Beim einfachen Zeugnis dürfen keine Beurteilungen der Leistungen oder des Verhaltens vorgenommen werden. Es handelt sich lediglich um ein Dokument, in dem vor allem sachliche und objektiv nachweisbare Fakten formuliert sind, namentlich die Art und die Dauer der Beschäftigung.
Anschließend kann noch eine Abschlussformulierung folgen, aus der sich herauslesen lässt, ob der*die Arbeitgeber*in mit der Leistung zufrieden war.
Wer zwischen den Zeilen liest, merkt schnell, dass in der zweiten Abschlussformulierung mehr Wertschätzung und Bedauern über das Ausscheiden aus dem Betrieb mitschwingt.
- „Wir wünschen Herrn Mustermann für seine private und berufliche Zukunft alles Gute“ oder man formuliert
- „Herr Mustermann verlässt uns auf eigenen Wunsch. Wir bedanken uns für die sehr gute Mitarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute und weiterhin viel Erfolg“.
Qualifiziertes Arbeitszeugnis
Beim qualifizierten Arbeitszeugnis geht der Inhalt über diese Basisinformationen hinaus und bezieht sich auch auf die Leistung und das Verhalten der Arbeitnehmenden. Dazu gehören unter anderem:
- Fachwissen
- besondere Details zum Aufgabenbereich
- jobbezogene Kompetenzen
- Fortbildungen
- Problembewältigung
- Eigeninitiative
- Zuverlässigkeit
Im Laufe der Zeit hat sich für diese Beurteilung eine Bewertungsskala entwickelt, deren Übersetzung für den ungeübten Blick nicht immer einfach ausfällt. Bei der Beurteilung wird auch das Verhältnis zu den Teammitgliedern und Vorgesetzten einbezogen.
Im Anschluss ist auf den Grund des Ausscheidens aus dem Job (allerdings nur bei ausdrücklichem Wunsch durch die ausscheidende Person) einzugehen und es folgt die bereits erwähnte Schlussformel.
Interessant ist, dass diese Schlussformel nicht einklagbar ist (Urteil des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 11.12.2012 – 9 AZR 227/11) und lediglich die persönliche Empfindung von Arbeitgebenden widerspiegelt und diesem dadurch die Möglichkeit gibt, sich relativ frei über Arbeitnehmende zu äußern. Fehlt eine solche jedoch komplett, wird dies meist negativ ausgelegt.
Arbeitszeugnis in der Gastronomie: So sollte es aufgebaut sein
Die Struktur des Zeugnisses in der Gastronomie ist so wie in anderen Branchen auch. Ein üblicher Aufbau gliedert sich demnach wie folgt:
- Angaben zur Person
- Unternehmensbeschreibung
- Aufgabenbeschreibung
- Bewertung der Leistung
- Bewertung des Verhaltens
- Schlussteil
Besonderheiten der typischen Leistungen, die in der Hotellerie und Gastronomie vorkommen, werden mitarbeiterspezifisch in der Aufgabenbeschreibung aufgeführt.
Arbeitszeugnis Gastronomie: Das gehört nicht rein
Das Zeugnis sollte eine möglichst objektive Evaluation des Verhaltens innerhalb der beruflichen Sphäre sein. Somit dürfen private Details, Vermutungen oder gar Anschuldigungen nicht eingebracht werden.
Arbeitslosigkeit oder angehäufte Fehlstunden durch längere Krankheitszeiträume dürfen keine Erwähnung finden. Generell gehört der gesundheitliche Zustand von Arbeitnehmenden nicht in die Bewertung, seien es Behinderungen, chronische physische oder psychische Leiden. Ebenso gehört zu der Privatsphäre der Mitarbeitenden die familiäre Situation, die politische und religiöse Weltanschauung und ist somit als vertraulich zu betrachten.
Zu den beruflichen Details, die nicht ins Zeugnis gehören, zählen das bisherige Gehalt, eine Gewerkschaftszugehörigkeit oder die Arbeit im Betriebsrat. Auch von Berichten eventueller Abmahnungen oder Straffälligkeiten während der Beschäftigungszeit müssen Arbeitgebende absehen.
Bewertungsskala und Geheimcodes
Dass die Formulierungen in qualifizierten Arbeitszeugnissen teilweise Subtext haben, haben wir bereits erwähnt. Nicht selten erscheinen bestimmte Floskeln beim schnellen Überfliegen zunächst positiv, nach eingehender Beschäftigung damit wird aber deutlich, dass sie durchaus auch eine negative Bedeutung inkludieren.
Der Zeugniscode funktioniert hierbei über ein abgestuftes Lob, hinter dem jeweils eine Note steht, vergleichbar mit der Notenskala von 1-6.
Was jedoch in einem Zeugnis nicht erlaubt ist, sind die allseits gefürchteten Geheimcodes, die Arbeitnehmenden hinterrücks mit ironischem Unterton – aus Sicht der ehemaligen Arbeitgebenden – negative Eigenschaften attestieren.
Diese Geheimcodes entsprechen keiner Note, sondern sollen zukünftige Arbeitgebende vielmehr vor einer vermeintlichen Charakterschwäche warnen. Die besten Beispiele sind dafür folgende Sätze:
„Sie zeigte stets Engagement für Arbeitnehmerinteressen außerhalb der Firma.“ – Sie hat an Streiks teilgenommen.
„Er trug durch seine Geselligkeit zur Verbesserung des Betriebsklimas bei.“ – Verstärkter Alkoholgenuss (im Job) war bei ihm ein Thema.
Diese zweideutigen Aussagen sind nicht erlaubt und werden in Deutschland grundsätzlich auch nicht verwendet. Weisen die Arbeitszeugnisse dennoch solche Codes auf, können Arbeitnehmende verlangen, dass diese ersatzlos gestrichen werden.
Besonderheiten in der Hotellerie und Gastronomie
Der Zeugnistext sollte gerade im gastronomischen Bereich besonders auf die zwischenmenschlichen Fähigkeiten der Arbeitnehmenden Bezug nehmen. Neben den fachlichen Qualifikationen sollten also auch die Teamfähigkeit und Kundenorientierung hervorgehoben werden.
Es gilt zudem, den Subtext der Zeugnissprache zwischen den Zeilen nicht zu vergessen und im Sinne der Arbeitnehmenden zu überlegen, wie die zukünftige Personalleitung bestimmte Formulierungen auffassen könnte.
Zusätzlich sollten Arbeitgebende im Arbeitszeugnis auch die Belastbarkeit, die Freundlichkeit und die Gedächtnisleistung erwähnen, da dies alles aussagekräftige Attribute sind, die im Service und somit in der Gastronomie und Hotellerie einen hohen Stellenwert einnehmen.
Kritik am Arbeitszeugnis
Dadurch, dass das Arbeitszeugnis „wohlwollend“ gehalten werden muss, häuft sich zunehmend Kritik an dieser Konvention. Es würden meistens die gleichen Floskeln verwendet und die Zeugnisse bestünden nur noch aus den angelegten Bewertungsschablonen.
Eine Möglichkeit, das Zeugnis zu individualisieren, wäre es, den Schwerpunkt auf das Aufgabengebiet der Arbeitnehmenden zu legen. Durch ausführliche Erstellung der personenspezifischen Arbeitsbeschreibung wird der Eindruck, den zukünftige Personaler*innen haben, viel aussagekräftiger und die Gesamtbeurteilung einfacher.
Fazit
Die Arbeitswelt ist heutzutage sehr schnelllebig und die Mitarbeiterfluktuation ist gerade in der Gastronomie sehr hoch. Die Vorgesetzten kennen oft nicht alle Mitarbeitenden persönlich und wenn doch, dann oft nur flüchtig.
Im Falle einer Zeugniserstellung muss es dann oft schnell gehen, weshalb man sich leicht dazu verleiten lassen kann, automatisierte Arbeitszeugnisse mit vereinfachten Bewertungen ohne große Aussagekraft auszustellen.
Als Arbeitgeber*in sollte man aber immer folgende Frage im Hinterkopf haben: Würde ich jemanden mit einem solchen Zeugnis bei mir einstellen wollen? Es gilt also: Die Leistung der Mitarbeitenden sollte respektvoll honoriert werden und das sollte sich auch im Zeugnis niederschlagen.
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