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Umkleidezeit in der Gastronomie: Ist das tatsächlich Arbeitszeit?

Nicht nur, aber vor allem in Gastronomie und Hotellerie ist die Berechnung von Arbeits- und Pausenzeiten ein oft wiederkehrendes und nicht selten konfliktträchtiges Thema.
  • 1.
    Kurz und knapp
  • 2.
    Umkleidezeit: Rechtliche Grundlagen
  • 3.
    Wann Umkleidezeit zu bezahlen ist
  • 4.
    Wer haftet für einen Unfall während der Rüstzeit?
  • 5.
    Kompromisse finden

Kurz und knapp

Geteilter Meinung sind Arbeitgebende und -nehmende beispielsweise bei der Frage, ob das Anlegen der Arbeitskleidung als Rüstzeit zur Arbeitszeit zu rechnen ist oder nicht – dabei gibt es hier eine zwar differenzierte, aber letztlich doch eindeutige Rechtsprechung der Arbeitsgerichte. Wir bringen ein wenig Licht ins Dunkel, was genau zur Rüstzeit gehört und unter welchen Umständen diese der Arbeitszeit zugerechnet wird.

Umkleidezeit: Rechtliche Grundlagen

Die Grundlage der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bildet die Definition von Arbeit als jede Tätigkeit, die der Erfüllung eines ausschließlich fremden Bedürfnisses dient. Insofern kann auch die Umkleidezeit im Sinne der Rüstzeit nur dann zur Arbeitszeit gerechnet werden, wenn sie im Interesse der Arbeitgeber*innen, aber nicht der Arbeitnehmer*innen ist. Folglich ist das Tragen von Kleidung mit vorgegebenen Farben oder Schnitten den Mitarbeitenden zuzumuten, da sie diese schon zuhause anlegen und – ohne besonders aufzufallen – auch auf dem Arbeitsweg tragen können. Anders verhält es sich, wenn die Dienstkleidung sehr auffällig oder durch ihre Gestaltung (z.B.: auffällige Farben und Logos) klar den Arbeitgeber*innen zuzuordnen ist. In diesem Fall ist das Umziehen fremdnützig und somit zur Arbeitszeit zu rechnen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. September 2012, Az.: 5 AZR 678/11).

Wann Umkleidezeit zu bezahlen ist

Dem Konzept des Fremdnutzens entsprechend sind folgende Bedingungen zu erfüllen, damit Umkleidezeiten vergütet werden müssen:
  • Das Tragen der Dienstkleidung ist bereits zu Dienstbeginn vorgeschrieben.
  • Das Umziehen muss im Betrieb erfolgen, weil entweder die Dienstkleidung zwingend dort verbleibt oder der Arbeitsweg in Dienstkleidung den Arbeitnehmenden nicht zuzumuten ist.
  • Es gibt keine vertraglichen oder tariflichen Vereinbarungen, nach denen die Umkleidezeit bereits mit der Vergütung abgegolten ist.
Im Unterschied zu Umkleidezeiten ist die Behandlung von Reinigungsmaßnahmen wie Duschen oder Waschen, die nach getaner Arbeit nötig sein können, umstritten. Grundsätzlich gilt: Körperhygiene liegt in der persönlichen Verantwortung jedes Einzelnen und somit nicht ausschließlich im Interesse der Arbeitgebenden, auch wenn die Arbeit körperlich anstrengend ist oder ein gepflegtes Auftreten gefordert wird. Eine Ausnahme besteht, wenn der individuelle Arbeitsplatz für eine besondere Verschmutzung sorgt oder Reinigungsmaßnahmen hygienisch zwingend erforderlich sind (beispielsweise im Krankenhaus).

Wer haftet für einen Unfall während der Rüstzeit?

Wenn die oben genannten Bedingungen erfüllt sind, ist die Umkleidezeit der Arbeitszeit zuzurechnen. In diesem Fall gelten die gängigen Bedingungen, die bei einem Arbeitsunfall greifen und sind in der Gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) inkludiert. Im Versicherungsfall wird darauf abgestellt, ob es sich um eine versicherte Tätigkeit handelt und ob es eine direkte Korrelation zwischen dieser versicherten Tätigkeit und dem Unfall gibt; es muss ein innerer sachlicher Zusammenhang bestehen. Dieser Zusammenhang entfällt bei einer sogenannten selbstgeschaffenen Gefahr, wenn der Versicherte beispielsweise unter Alkoholeinfluss zur Arbeit erscheint und sich dadurch vernunftwidrig verhält. Liegen alle Bedingungen für einen Arbeitsunfall vor, ist die gesetzliche Krankenkasse von der Leistungspflicht befreit und die Gesetzliche Unfallversicherung tritt ein.

Kompromisse finden

Natürlich sollte man als faire*r Arbeitgeber*in Vorsicht walten lassen, wenn es darum geht, die betriebliche Praxis zu ändern. Die Belegschaft von heute auf morgen mit eindeutigen Dienstanweisungen auf neue Regelungen hinzuweisen und diese rigoros durchzusetzen kann schnell das falsche Signal senden – hier ist überlegte Kommunikation gefragt! Wird beispielsweise eine besonders aufwändige Garderobe verlangt oder haben Mitarbeitende einen Arbeitsweg, auf dem man ihnen das Tragen der Arbeitskleidung nicht zumuten möchte, lässt sich vielleicht ein Kompromiss finden; schließlich sollte jeden Arbeitgeber*innen daran gelegen sein, gute Mitarbeitende zu halten und nicht durch Kleinigkeiten zu vergraulen. Nichtsdestotrotz ist es stets von Vorteil, das Recht auf seiner Seite zu wissen und sich im Zweifelsfall darauf berufen zu können.
Dieser Artikel ist Teil unserer Themenseite: Zeiterfassung
Hinweis: Hierbei handelt es sich um unverbindliche Informationen. Die Autor*innen übernehmen keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen, welche auch keine individuelle Rechtsberatung darstellen.
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